Ostia (Roma), 22.10.2001 von liechtitour

Salve!

Nun ist es genau 1 Monat her, seit wir mit unseren
Tourenraedern (bei stroemendem Regen) vom Zuerichsee
aus Richtung Sueden losgefahren sind. Taeglich erleben
wir Neues und lernen somit auch die fremdlaendische
Mentalitaet kennen und besser zu verstehen. Im
Reisebericht Italien 1 (www.travel.to/liechtitour)
koennt Ihr mehr ueber unsere Erfahrungen auf unserem
ersten Teil der Reise von der Schweiz nach
Italien/Pisa lesen.

Am Schluss dieses Berichtes findet Ihr noch genauere
Angaben ueber die gefahrene Distanz, Hoehenmeter,
Ferientage usw..

MOMENTAN BEFINDEN WIR UNS HIER...
=================================
Am Sonntag, 14. September 01 sind wir in Rom (Ostia)
eingetroffen. Da ich (Monique) hier Freunde habe,
waschechte Roemer, fanden wir bald ein zu Hause. Bei
Antonietta und Gianpierro duerfen wir ein kleines
schmuckes Studio bewohnen, mit Terrasse. Jeden Tag
kommen uns schnuesige Buesis besuchen, was mich
dahinschmelzen laesst :-), und Christian endlich auf
den richtigen Weg bringt ein grosser Katzennarr zu
werden... ;-)! Ja stellt Euch vor, es hat hier keine
knurrende, bellende und angreifende Hunde - zumindest
nicht bei uns im Garten...
Aber lasst mich doch erst mal von Vorne beginnen. Wie
hiess es doch am Schluss vom letzten Reisebericht so
schoen?
Viele Wege fuehren nach Rom...

BLICK ZURUECK: PISA - ROMA:
===========================
Am 05. Oktober 01 sind wir Mittags in Pisa gestartet.
Nach dem Ruhetag hatten unsere Stahlpferdchen Muehe
wieder in Trab zu kommen, doch die Lust am
Weiterfahren kam nach einem feinen Mittagessen wieder
auf und in windeseile pedalten wir bald durch eine
Ebene den Huegeln der Toscana entgegen.

Wir durchstreiften Olivenhaine, die im Sonnenlicht
silbern glaenzten und Wiesen mit grossen Schafherden.
Viele Felder sind im Herbst nicht mehr mit
Sonnenblumen, Raps oder Moon bepflanz. Doch die
verschiedenfarbenen Aecker mit umgegrabener Erde, von
gelblich, okker, oragen und braunen Farbtoenen,
ergaben ein wunderschoenes Bild zusammen mit dem
stahlblauen Himmel, der mit einzelnen weissen Wolken
versezt war.
Wir liessen uns durch diese Bilder in eine
Maerchenwelt hineintragen und vergassen dabei Ausschau
zu halten nach einem geeigneten Plaetzchen fuers
Uebernachten. Als es schon dunkel war fanden wir auf
einem Huegel in der Naehe des Toscanerstaedtchens
Usigliano, aber ausserhalb der Haeuser und Hunde, ein
romantisches Plaetzchen in Mitten eines Olivenhaines.

Sonnenaufgang in der Toscana und schon auf dem Rad!
Wundervolle Natur bietet uns diese Landschaft. Es ist
ein Genuss frueh aufzustehen (zwischen 6 und 7 Uhr).
Obwohl ich (Monique) liebend gerne noch liegenbleiben
wuerde...
Wieder wildes Campen, jedoch diesmal in den Bergen, in
bewaldetem Gebiet. Neben Schlangen und bissigen Hunden
fuerchten wir uns etwas vor Woelfen, denn die Gegend
scheint recht menschenverlassen... Am Morgen werden
wir von Schuessen geweckt, die schon ziemlich nahe
klingen. Fast ohne Licht und lautlos packen wir unsere
Sachen, raeumen das Zelt ab und schwingen uns auf
unsere Raeder. Waehrend die Schuesse langsam leiser
werden, sausen wir runter ins Tal. Bald erfahren wir,
dass zur Zeit Wildschweinjagt ist... - "Schwein"
gehabt!

Elba sollte unser naechstes Ziel werden, also steuern
wir Richtung Kueste. Doch da wir dort viele Touristen
mit Campern antreffen (Herbstferien), entscheiden wir
uns lieber am Festland zu bleiben. Wir finden einen
traumhaften Strand mit Pinienwald und mitten darin
einen ruhigen Campingplatz. Stellt Euch das Mal vor:
Unser Zelt in einer kleinen baumlosen Nische. Ringsum
Pinien und 50 Meter dahinter ein Sandstrand mit
schoenem klarem Wasser. Nur wenige Touris lassen sich
hier um diese Jahreszeit blicken. Die Sonne scheint
noch warm und laedt zu einem erfrischenden Bad im Meer
ein... traeum, traeum, traeum!
Aber es ist Wirklichkeit! So entscheiden wir uns hier
im kleinen Paradies suedliche von Pionbino zwischen
Follonica und Punta Ala einen Ruhetag einzulegen. Ich
geniesse den Tag am Meer mit Schwimmen, Sonnenbaden,
Traeumen und lesen. Christian schwingt sich zur
Abwechslung mal wieder auf's Rad und erkundet die
Gegend...

Die "Badeferien" am Meer sind vorueber und es zieht
uns wieder ins Landesinnere, wo die Sonne die
vertraeumte Landschaft in wunderbares Licht eintaucht.
Wir zelten wild hinter einer alten Kirchenruine aus
dem Mittelalter. Solche Bauten sieht man in Italen
sehr selten, denn vor allem die roemischen
Ueberbleibsel tragen einen Namen. In der Nacht
durchquert ein heftiges Gewitter die Gegend. Es ist
wie in einem Agatha Christie Krimi. Die Ruine wird von
jedem Blitz geisterhaft erleuchtet, dann wird es
wieder still und dunkel. Es ist unheimlich, aber wir
muessen ausharren - der Morgen kommt bestimmt...

Die Zeit, um zu testen, ob wir wirklich Fernradfahrer
sind oder nicht, scheint herangenaht zu sein: Wir
folgten einer kleinen Strasse, die zu Beginn sogar
noch geteert ist und auch auf unserer Karte als
"fahrtauglich" eingetragen ist. Bald verwandelt sich
unser Untergrund jedoch in eine Schlammpiste, die wir
glaubten nur im Herzen Africas vorfinden zu koennen...
Als dann bald die Strasse durch eine Furt fuehrte,
dachten wir, der weiche Boden sei nur hier wegen dem
Bachwasser so. Wir hofften, dass die Strasse bald
wieder besser wuerde. Es machte uns sogar noch
sichtlich Spass uns durch dieses Gedrecke
durchzuwuehlen. Doch bald wurde die Lage ernster. Denn
die Strasse war nicht mehr als diese zu erkennen und
was uns noch mehr Sorgen bereitete, war der tiefe
Stand der Sonne. Aber: Es gab kein zurueck mehr, zu
weit waren wir schon vorgedrungen. Der Schlamm war zu
einer klebrigen, dichten Masse geworden, die sich in
den Zwischenraeumen der Bremsekloetzte und sonst
ueberall am Rad festsetzte. Die Raeder drehten sich
keinen cm mehr von selbst! Wir haengten die Bremsen
aus und versuchten es auf diese Weise - ohne Erfolg.
Wir waren in der "Pampa". Da es nun schon zu
Eindunkeln begann, blieb uns nichts anderes uebrig,
als ein kleines trockenes Plaetzchen fuers Zelt zu
suchen. Zum Glueck haben wir im Ort vorher alle unsere
Trinkwasserflaschen aufgefuellt. Trotzdem war dies
eine ungewohnte Situation fuer uns und wir waren schon
ein wenig erschoepft. Bald vielen wir hundemuede auf
unsere Maettelis... Der einzige Vorteil hier draussen
war: Keine bellenden, knurrenden und beissenden
Vierbeiner!
Bei Sonnenaufgang nach einem "Reiheli Schoggi" mit
Brot machten wir uns auf, bei einer nahegelegen Furt
die Raeder vom Schlamm zu befreien. Dies gelang uns
auch recht gut und wir waren wieder zuversichtlicher.
Wir liessen die Fahrraeder dort und holten das Gepaeck
nach. Und so verliefen auch die restlichen 3,5km auf
dieser Sumpfpiste: Velos 500m schieben, dann das
Gepaeck holen,...,... Somit benoetigten wir fuer diese
kurze Strecke dann noch ueber fuenf Stunden. Bei der
Teerstrasse angekommen, machten wir mit Wasser aus
einer grossen Pfuetze die Raeder vorerst wieder
fahrtuechtig. Spaeter bei einer Tankstelle erfolgte
dann die grosse Waschaktion. Dieses Erlebnis war eine
wirklich neue Erfahrung fuer uns!

An diesem Abend genossen wir mit grossem Hunger in
einem kleinen Restaurant ein wunderbares Nachtessen.
Angefangen mit Antipasto, dann Primo Piatto und
Secondo Piatto.
Den feinen Hauswein liessen wir uns
natuerlich auch nicht entgehen. Mit einem koestlichen
Gelato und einem Expresso rundeten wir die Tafel ab.

Wie schon erwaehnt ist die Toscana ein traumhaft
schoenes Fahrradgebiet! Aber man darf die Anstrengung
nicht scheuen, Huegel um Huegel zu erklimmen. Die
Strassen verlaufen meisstens Quer zu den Taelern und
die Doerfer nehmen ihren Platz auf den Huegelspitzen
ein... Aber diese Strapazen auf sich zu nehmen lohnt
sich!
Am 12.Oktober 01 erreichte unser km-Stand die 1000-er
Grenze! Ein bisschen stolz sind wir ja schon!
Heute wollen wir zur Feier des Tages in einem Bed und
Breakfast (oder was hier fast bekannter ist: ein
Agriturismo = umgebautes Bauernhaus; aber recht teuer)
uebernachten. Die Preise sind wie in einem zwei Stern
Hotel, so um 80-120'000L, koennen aber auch varieren.
In einem grossen, schoenen typisch italienischen Haus
finden wir das Gesuchte. Es ist sehr sauber und die
Gastgeber sind sehr zuvorkommend. Sie erzaehlen uns
viel wissenswertes ueber die Gegend und aus der
Geschichte. Wisst ihr etwas ueber das Volk der
Etrusker? Ein Volk, das in suedlich der Toscan
beheimatet war bevor die Roemer das Land eroberten.
--> www.promotuscia.it

Es ist immer noch sehr heiss und die Sonne brennt
tagsueber wie bei uns im Hochsommer. Christian's
Augenlieder sind geschwollen und wir fuehlen uns beide
sehr unwohl und kraflos. Seit vorgestern haben wir
auch nicht mehr so gut auf die Erhaehrung geachtet.
Mehrheitlich vernaschten wir Suesses und Muesli. Da
wir beim Velofahren jedoch viel schwitzen, kamen
unsere Elektrolyten etwas aus dem Gleichgewicht. So
kauften wir im naechsten Staedtchen Salzgebaeck,
Salami, Rohschinken, Kaese und gesalzenes dunkles
Brot. Und wie ein Wunder nach einiger Zeit fuehlten
wir uns beide wieder startklar. Unser Koerper ist ja
schon ein Wunderwerk und wir muessen und wollen Sorge
tragen zu ihm!!!

Nun haben wir noch einer der drei grossen Seen
noerdlich von Rom im Visier. Wir radeln zum Lago di
Bracciano rueber. Ein schoener See, eingebettet in
einem Vulkankrater. Er ist flaechenmaessig mit dem
Zuerichsee vergleichbar aber von runder Form. Wir
"geniessen" eine unruhige Nacht vor den geschlossenen
Toren des Campinplatzes, wiedermal umringt von wildem
Hundegebell und in der Angst, ob diese Hunde hinter
dem Zaun ihr Revier halten oder uns bald zerfleischen
werden...
Am Morgen finden wir aber ein ruhiges Plaetzchen am
Seeufer. Hier fruehstuecken wir und fuehlten uns fast
wie zu Hause am Zuerisee. Schwaene und Enten
erbettelten von uns "Pane" und im nahegelegenen Haus
sonnen sich zu meinem Entzuecken zehn Katzen...joeoeoe

Die Fahrt nach Rom verlief nun sehr gemuetlich, da uns
unser Weg runter bis auf Meereshoehe fuehrte. Die
Huegel flachen nun ab und die Umgebung nimmt ein
anderes Gesicht an. Man sieht wieder viele bebaute
Felder (Gemuese) und lange Eukalyptusbaumreihen, die
die Aecker voneinander trennen.

Etwa 30km ausserhalb von Rom Richtung Meer (Ostia)
wohnen Freunde von mir. Als wir gegen 19.00 Uhr
ankamen waren aber Joachim und Stefania nicht zu
Hause. Nur sie waren darueber orientiert, bei wem wir
waehrend den naechsten Tagen wohnen wuerden. Dafuer
trafen wir Manuela und Marcello, bei denen wir duschen
konnten und die uns dann spontan zum Nachtessen
einluden. Wir hatten einen lustigen und unterhaltsamen
Abend! Molto Grazie a voi! Gegen 22.00 Uhr kamen dann
die Eltern von Stefania nach Hause und wir durften ein
gemuetliches Studio fuer uns zwei beziehen. Wie ihr
sicher schon am Anfang dieses Berichtes gelesen habt,
waren wir dann bei ihnen waehrend unserer "Ferien"
hier in Rom zu Gast.

Waehrend den ersten Tagen hatten wir vieles zu
erledigen: Veloputz stand vor der Tuer mit ganzem
Service. Dann Taschen und Kleider waschen. Ersatzteile
aufspuehren und Reparaturen machen. Loecher in Taschen
und Kleider flicken und, und ,und...
Taaeglich wurden wir von Freunden zum Essen eingeladen
so, dass wir aufpassen mussten nicht aus allen Naehten
zu Platzen. Nun assen wir ploetzlich wieder ganz viel,
aber bewegten uns kaum :o)
Natuerlich machten wir auch Rom etwas unsicher. Am
spaeten Abend zogen wir noch durch die Gassen und
trafen dann auch auf ein Lokal, wo vorallem Roemer zu
sein pflegen. So bestellten wir etwa um 22.00 Uhr noch
Spagehttis und genossen diese einheimische
Atmosphaere, ohne daran zu denken, dass wir ja noch
nach Ostia zurueck muessen. Etwa um 23.15 Uhr nahmen
wir die Metro aus der Stadt hinaus. Doch als wir auf
den Zug umsteigen wollten, waren die Tore des
Bahnhofes schon verschlossen. Bald fanden wir heraus,
dass es einen Nachtbus gab - der soeben abgefahren
war... aber zum Glueck fuhr um Mitternacht noch einer
und so kamen wir dann doch gegen 01.00 Uhr zu Hause
an. Anderntags verbrachten wir einen ganzen Nachmittag
in den "Scavi di Ostia Antica", eine Roemische
Siedlung, die bis auf die Grundmauern erhalten
geblieben ist - sehr interessant und zum Verweilen!

BLICK NACH VORN...
===================
Ja, und nun geht es morgen, Mittwoch den 24. Oktober
01, weiter Richtung Sueden. Vorerst wollen wir ein
Stueck der Kueste entlang fahren. Doch vor Napoli
planen wir wieder ins Landesinnere zu pedalen in
Richtung Basilicata mit Ziel Bari oder Brindisi. Von
dort aus moechten wir die Faehre nach
Korfu/Griechenland nehmen.
Auf jeden Fall werden wir uns auf dem Laufenden halten
wegen den politischen Unruhen. Wir sind offen
jederzeit umzuplanen...

SPRACHKENNTNISSE
================
Noch kurz etwas zur Verstaendigung hier in Italeien.
Viele Italiener koennen weder Englisch noch eine
andere Fremdsprache. Es ist also sehr von Vorteil sich
italienische Sprachkenntnisse anzueignen. Nur schon
durch kurze Unterhaltungen mit Einheimischen erfaehrt
man wichtige Hinwiese ueber Umgebung, Traditionen,
Gefahren usw. Da ich (Monique) relativ fliessend
Italienisch spreche, ergaben sich immer schnell
Kontakte zu Einheimischen und dadurch hatten wir auch
viele Vorteile.
Wie dies dann wohl in Griechenland aussehen wird???

FUER DIE, DIE ES GANZ GENAU WISSEN WOLLEN...
============================================
Nachfolgend noch einige nackte Zahlen und Fakten von
unserer bisherigen Reise Schweiz-Rom (22.9. - 14.10.):

Reiseroute und Daten:
Staefa (22.9.) - Chur - Spluegenpass (2113m) - Lecco -
Piacenza - Parma - Passo della Cisa (1039m) -
Carrara/Massa - Pisa (3.10.) - toskanische Huegel
(Volterra) - Grosseto - Tuscania - Lago di Bracciano -
Ostia bei Roma (14.10.)

Staefa - Spluegenpass:    153 km
Spluegenpass - Roma:     1030 km
Hoehenmeter:          7500 m
Distanz pro Tag:        50-90 km je nach Topgrafie und
Terrain  

Anzahl gefahrenen Tage:    17 Tage
"Ferien"-Tage:     4 Tage

Wild gezeltet:              7 Naechte
Campingplatz:               7 Naechte
Albergo oder B&B:           4 Naechte
Privat:                     4 Naechte

Anzahl Muskelkater:         2 je 1x = immer ;o)
Pannen:     1 Plattfuss (Christian's Hinterrad)
Kalorienzufuhr:             sehr viele (Antipasto,
Primo P.,Secondo P., usw.)
Geldabfluss:                ca. 1250.--

Wir moechten uns ganz herzlich fuer alle Mails und
Gaestebucheintragungen bedanken. Wir freuten uns sehr
darueber!!!

Liebe Gruesse aus dem warmen Rom von
Christian und Monique
Mail: liechtitour@yahoo.com
Web:  www.travel.to/liechtitour

 

 

 

 

 

 

 

 

 


In den Appeninen, 2. Teil



Sarzona, Piazza Matteotti


Wäsche muss auch gemacht werden


Wo könnte das wohl sein? Pisa, richtig!


Toskana: Hier haben wir gezeltet


Am Meer bei Punta Ala


Afrika in Italien?


An der Grenze von der Toskana nach Lazio


Wir bleiben buchstäblich im Schlamm stecken!


Am 1000sten Kilometer (bei Tarquinio)

alle Fotos / Fotoindex02